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HR-Analytics - Vorgehensweisen und Tools | metru Recruiter-Blog
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HR-Analytics – Vorgehensweisen und Tools

HR-Analytics – Vorgehensweisen und Tools

9 min read

Eines der derzeit am häufigsten verwendeten HR-Buzzwords – beispielsweise auf LinkedIn – ist “HR-Analytics”. Das klingt immer sehr interessant und innovativ. Und oft wird berichtet, wie sehr es hilft, die bestmöglichen Teams zusammenzustellen und im Unternehmen zu halten. Meist wird der Begriff jedoch lediglich erwähnt und bleibt ansonsten eher vage. Worin HR-Analytics und die entsprechenden Methoden letztlich bestehen, wird dabei selten wirklich klar. Für uns als Recruiter-Versteher ist es deshalb an der Zeit, genauer nachzuschauen, was es damit auf sich hat.

 

Was ist HR-Analytics?

 

HR-Analytics ist eine Methode der Datenanalyse. Mit ihrer Hilfe lassen sich informierte Entscheidungen über die Einstellung von Mitarbeitern oder für das sonstige Personalmanagement treffen. Dabei werden Daten verknüpft und analysiert, die im Unternehmen laufend anfallen. 

 

Diese Daten beschreiben Vergangenheit und Gegenwart des Unternehmens in Zahlen. HR-Analytics arbeitet mit diesen Zahlen, um statistische Modelle zu erstellen. Diese liefern Informationen zu Korrelationen oder kausalen Zusammenhängen. Auf diese Weise können die Analysten Entwicklungstrends aufdecken. Diese dienen per Trendfortschreibung der Erstellung von Prognosen. Die Daten ermöglichen letztlich besser fundierte Vorhersagen in Bezug auf zukünftiges Recruiting. 

 

HR-Analytics lässt sich in People Analytics und Recruitment Analytics (auch: data-driven Recruitment) unterteilen. In beiden Fällen werden Daten erhoben und analysiert.
People Analytics arbeitet mit den Daten der Mitarbeiter, die bereits im Unternehmen arbeiten. Dabei kann es sich um Daten aus dem HR-System handeln oder um eine Zusammenführung dieser Daten mit denen aus anderen Abteilungen. Auf diese Weise können sehr differenzierte Leistungskennzahlen (Key Performance Indicator – KPIs) berechnet werden.

 

Recruitment Analytics dagegen wertet Daten aus, die innerhalb des Recruitment Funnels (vor allem auf der Karriereseite der Unternehmenswebsite) anfallen. 

 

HR-Analytics hat aber auch eine Datenschutzdimension. Denn es bedient sich personenbezogener Daten – zum Teil auch sensibler Personendaten. Alle Daten sollten deshalb anonymisiert verarbeitet werden, um keine Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter zu verletzen. In Anbetracht der Sensibilität der verarbeiteten Daten, müssen vor der Arbeit damit Betriebsrat und Datenschutzbeauftragte ihre Zustimmung geben

 

 

People Analytics 

 

Tagtäglich fallen in Unternehmen große Mengen an Daten mit Bezug auf die Mitarbeiter an. Diese Daten lassen sich durch People Analytics auswerten. 

 

Meist geschieht dies, indem Hypothesen über aktuelle Fragestellungen aufgestellt und mithilfe statistischer Methoden untersucht werden. Auf der Basis der Daten können dann Kennzahlen ermittelt werden, die beim Personalmanagement sehr nützlich sind. 

 

Einige ganz basale Kennzahlen der People Analytics sind:

  • Überstunden: Anzahl der bezahlten Mehrarbeitsstunden
  • Mitarbeiterproduktivität
  • Arbeitsausfall: Anzahl der Abwesenheitsstunden
  • Fluktuationsrate: Dauer des Verbleibs von Mitarbeitern im Unternehmen

 

So können etwa durch People Analytics anhand der Bestandsdaten die Charakteristika von Mitarbeitern ermittelt werden, die länger im Unternehmen bleiben. Auf diese Weise kann die HR-Abteilung gezielter nach Kandidaten suchen, die die gleichen Eigenschaften aufweisen. Auf diese Weise  lassen sich in der Zukunft beispielsweise die Fluktuationsrate und damit die Recruitingkosten senken. 

 

Ist die Fluktuationsrate sehr hoch, kann dem außerdem durch Verbesserung der Employee Experience begegnet werden. So können Recruiting- und Trainingskosten für Neueinstellungen gespart werden. Ebenso können Unternehmen durch Employer Branding einer hohen Fluktuationsrate schon im Vorfeld der Einstellung entgegenwirken. Denn es informiert über die Unternehmenskultur und bewirkt, dass sich unpassende Kandidaten erst gar nicht bewerben.

 

Auch die Analyse der Kündigungsgründe kann die Frage klären, wie es zu einer erhöhten Fluktuationsrate kommt. 

 

People Analytics unterstützt die Personalabteilung bei der Entwicklung neuer Vorgehensweisen und dient als Entscheidungshelfer. Denn die Daten ermöglichen besser fundierte Vorhersagen in Bezug auf zukünftiges Recruiting, Personalentwicklung und die Wirksamkeit von Personalmarketing. Die Wirksamkeit von Maßnahmen wie etwa Weiterbildungen kann durch HR-Analytics ermittelt werden.

 

Besonders wenn HR-Analytics die Daten der HR-Abteilung mit denen anderer Abteilungen des Unternehmens kombiniert, kann zum Beispiel der Erfolg einer Trainingsmaßnahme für Service-Mitarbeiter im Hinblick auf die Entwicklung der Kundenzufriedenheit untersucht werden. Dadurch lassen sich Aussagen machen, welche Trainingsmaßnahmen zielführend sind und welche nicht. Auch können weitere Einflussfaktoren identifiziert werden, die geeignet sind, die Kundenzufriedenheit zusätzlich zu steigern.

 

 

Recruitment Analytics

 

Für die Ziele und Zwecke von Recruitern gibt es die Recruitment Analytics. Hierfür werden vor allem Daten aus dem Applicant Tracking System (ATS) und von der Stellenseite des Unternehmens ausgewertet. Dort fallen die Daten an, die für das Recruiting relevant sind.

 

Zu den wichtigsten Kennzahlen, die aus dem ATS für Recruitment Analytics erschlossen werden können, gehören Time-to-Hire und Cost-per-Hire

 

Time-to-Hire ist die Zeit, die von der Ausschreibung der Stelle bis zur Besetzung der Vakanz vergeht. Wer diese Kennzahl misst, kann Pain Points im Recruitment Funnel identifizieren. Dies ist wichtig! Denn wer die besten Talente auf dem Markt bekommen will, muss schnell einstellen. Lange Einstellungszeiten können zum Abspringen der besten Kandidaten führen.

 

Um Verbesserungen der Time-to-Hire zu erreichen, muss zuerst die durchschnittliche Time-to-Hire errechnet werden. Hierfür kann die Reportingfunktion des ATS genutzt werden.

 

Anschließend kann die Time-to-Hire dann für verschiedene zu besetzende Rollen/Positionen, einstellende Manager, Abteilungen und Recruiter errechnet werden.

 

Solchermaßen aufgeschlüsselt lassen sich sehr schnell Flaschenhälse und Einsparpotenziale in den Einstellungsprozessen erkennen. Dauert beispielsweise das CV Screening zu lange? Oder gibt es einen bestimmten Manager, der sich immer erst sehr spät beim Bewerber meldet? 

 

Der zweite wichtige Punkt für die Datenerhebung ist die Karriere-Seite des Unternehmens. 

Hier lassen sich folgende Fragen beantworten: Wie viele Bewerber haben die Karriere-Seite des Unternehmens besucht? Zu welcher der unterschiedlichen Etappen des Bewerbungsverfahrens kommen die Kandidaten auf die Webseite des Unternehmens? Wechseln Bewerber während des Prozesses zu Jobbörsen oder Bewerbungsmodulen? Wann sind sie wieder auf der eigenen Karriere-Seite zu finden. Wie viele haben ihre Bewerbung doch abgebrochen? Lesen die Kandidaten die Stellenausschreibung bis zum Ende? Surfen die Kandidaten auch andere Seiten der Unternehmens-Website an?

 

 

Sourcing Analytics

 

Wenn die Kandidaten sich nicht von allein bewerben, müssen Recruiter zum Sourcing übergehen. Hier kann wiederum auf der Karriere-Seite des Unternehmens ermittelt werden: Woher (von welchem Kanal) kamen die meisten, die besten oder die eher schwächeren Bewerber? 

 

Wer weiß, welche Kanäle die besten Ergebnisse erbringen, kann sich beim Recruiting auf diese konzentrieren.  Und verschwendet keine Ressourcen auf Maßnahmen, die nicht zielführend sind. 

 

 

Die technische Umsetzung

 

Wie macht man das? Indem spezifische URLs für jeden Kanal genutzt werden, sodass nachvollziehbar wird, von welcher Website der Bewerber zum Unternehmen weitergeleitet wurde. Diese Links enthalten sogenannte UTM-Codes, die an das Ende von URLs angehängt werden. Sie werden für jeden Kanal gesondert generiert und können in Google Analytics ausgewertet werden. Damit lässt sich die Quelle jedes Klicks auf die Stellenseite des Unternehmens genau bestimmen. 

 

UTM.io ist ein kostenloses Tool zum Generieren von UTM-Codes. Bit.ly generiert UTMs nur in einer kostenpflichtigen Version. 

 

 

Weitere wichtige KPIs

 

Andere im Recruiting bedeutende KPIs sind:

  • Cost-per-Candidate: Summierte Kosten aller Kanäle im Verhältnis zur Anzahl der Bewerber
  • Cost-per-Hire: Kosten, die pro Stellenbesetzung in Unternehmen anfallen
  • Churn Rate per Channel: Abbruchquoten von Bewerbern innerhalb des Bewerbungsprozesses nach Kanal (auch pro Prozessschritt möglich)

 

Eine besonders wichtige Kennzahl ist die Visitor to Applicant Conversion Rate. Sie gibt an, wie viele der Besucher einer Stellenseite sich tatsächlich beim Unternehmen bewerben. Eine Conversion Rate von 11% ist guter Durchschnitt. Wer mehr erreicht, hat offensichtlich etwas sehr richtig gemacht. Alle Werte weit unter 11% geben zu denken. Sie sollten eine Verbesserung des Employer Branding oder der Stellenseite nach sich ziehen.

 

Wenn Besucher nicht auf der Stellenseite bleiben, hat die Seite Optimierungsbedarf. Hierbei kann eine Heatmap helfen. Sie leitet per Eye-Tracking von Versuchspersonen oder aus den Mausbewegungen und dem Scrollverhalten realer Besucher der Stellenseite Antworten auf wichtige Fragen ab. Welche Areale der Seite werden wenig oder gar nicht wahrgenommen?  Welche Areale der Seite gehen dem Abbruch des Bewerbungsprozesses unmittelbar voraus? 

 

Durch eine möglichst angenehme Candidate Journey gehen nur wenige Bewerber während des Bewerbungsprozesses durch einen Abbruch verloren. 

 

Beim Recruiting der Generationen Y und Z ist es besonders wichtig, dass die gängigen Smartphones die Karriere-Seite auch fehlerfrei darstellen und nutzen können.

 

Alle relevanten KPIs entlang der Candidate Journey sind mit Analytics-Tools messbar. Sie sind anschaulich mit Widgets im Dashboard eines Analyse-Tools darstellbar. So sind zahlreiche Kennzahlen gleichzeitig kontrollierbar.

 

 

Fallbeispiel: uvex nutzt HR-Analytics im Recruiting

 

Ein Fallbeispiel für die erfolgreiche Einführung von HR-Analytics ist die uvex group, ein Hersteller von Schutzbekleidung im Berufs- und Sportbereich aus dem fränkischen Fürth. Dessen Produkte (z.B. Schutzbrillen für Profisportler) sind bei zahlreichen Sportveranstaltungen zu sehen. 

 

Dort wurde eine Ist-Analyse durch die Mitarbeiter der Personalabteilung durchgeführt, um einen Überblick über die Zielgruppen und Rekrutierungskanäle zu gewinnen. Grundlage dafür war eine Auswertung des Bewerbermanagementsystems. Hier wurden die Einstellungen, die Anzahl der Bewerbungen und die Art des Eingangs der Bewerbung getrackt. 

 

Ein Problem des Recruitings bei uvex bestand darin, dass im Nachhinein unklar war, über welche Kanäle erfolgreiche Bewerber die Unternehmenswebsite erreicht hatten. Eine Auswertung über den Erfolg bestimmter Recruitingkanäle war bei uvex entsprechend nicht möglich. 

 

Dieses Problem löste die Verwendung von Google Analytics. Zu den Punkten, die uvex jetzt beobachten und auswerten kann, zählen die Conversion Rate, Fehlermeldungen des Bewerbungsformulars und die Scrolltiefe.

 

Die HR-Analytics Werkzeuge kennenlernen und mit ihnen experimentieren

 

Viele Unternehmen verwenden bereits Google Analytics zum Usertracking der Firmenwebsite. Diese Firmen können mit ihrem Account schnell auch mit Recruitment Analytics durchstarten. 

 

Matomo ist ein Open Source Tracking-Tool, mit dem sich Funktion der eigenen Karriere-Seite bewerten lässt. Wie unterscheidet sich Matomo nun von Google Analytics? 

 

Beide Tools messen auf ähnliche Art den Seitentraffic. Matomo ist auch in der Gratis-Version aufwendiger. Es muss auf dem eigenen Server installiert sein. Google Analytics ist dagegen einfach in der Installation. Das Tracking bietet bei beiden die Verfügbarkeit von Live-Daten und weiterer gewünschter Daten. Erwartungsgemäß ist bei Matomo keine Integration von Google Ads möglich, bei Google Analytics hingegen schon. 

 

Matomo wartet jedoch mit einer Advanced Privacy Control auf, besitzt einen DSGVO Manager und speichert auf eigenem Server, während Google standardmäßig nicht DSGVO-konform ist. 

 

Fazit

 

Die Daten, die vielfach im Unternehmen vorliegen, sind eine gute Basis, um Probleme zu analysieren und Vorhersagen abzuleiten. Mit den verfügbaren Tools lässt sich ein genauer Überblick zum Bewerberverhalten auf der eigenen Karriere-Seite gewinnen. Daraus lassen sich schnell Verbesserungsmöglichkeiten erschließen. 

 

Interessante Fragen zur Effizienz im Recruiting lassen sich mit HR-Analytics beantworten: Lässt sich die Time-to-Hire weiter verkürzen? Welche Kosten pro Stellenbesetzung fallen im Unternehmen an? Wo kann eingespart werden? 

 

HR-Analytics identifiziert wichtige Trends. Die Analyse-Ergebnisse sollten innerhalb des Unternehmens in Handlungsanweisungen umgesetzt werden. Dazu ist allerdings die allgemeine Akzeptanz der Untersuchungsergebnisse erforderlich. Oft müssen jedoch die Ergebnisse innerbetrieblich regelrecht “verkauft” werden. Denn es gilt, über Jahre festgefahrene Einstellungen zu überwinden. 

 

Letztendlich lässt sich sagen, dass die HR-Analytics mit ihren Analyse- und Prognosemöglichkeiten für das Recruiting Kosten- und Zeitersparnis bringen. Auf dem Weg dahin ist HR-Analytics eine wertvolle Entscheidungshilfe.

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